Staatsanleihen und Zinsen
EZB, Entscheidungen erwartet, aber nicht vorhersehbar: Warum?
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Die geldpolitischen Entscheidungen der EZB (z.B. die jüngste Zinserhöhung) werden zwar von den Märkten erwartet, sind aber oft nicht so offensichtlich, wie man meinen könnte.
Es ist kein Zufall, dass die jüngste Entscheidung der EZB etwas unerwartet kam. Die erneute Zinserhöhung (+0,25%) brachte den Einlagensatz auf 4%. Dies war die zehnte Erhöhung in Folge. Einige Analysten hatten jedoch mit einer möglichen Pause bei der Straffung der Geldpolitik gerechnet. Einer der Gründe dafür ist, dass die europäische Wirtschaft zunehmend in Schwierigkeiten gerät. Deutschland zum Beispiel rutschte kurzzeitig sogar in die Rezession.
Wie Federico Fubini im 'Corriere della Sera' schreibt, sollte diese Situation jedoch keine Überraschung sein. Die Entscheidungen der EZB nicht im Voraus zu kennen, ist Teil der Politik von Präsidentin Christine Lagarde. Nachdem sie die Nachfolge von Mario Draghi angetreten hatte, begann Lagarde zu erkennen, dass die Praxis, die Märkte auf geldpolitische Entscheidungen vorzubereiten - die so genannte 'Forward Guidance' - für die Zentralbank einschränkend sein könnte, da sie dann gezwungen wäre, trotz neuer Daten an ihrem Kurs festzuhalten.
Und genau auf der Grundlage dieser Daten hat Lagarde in den letzten Monaten erklärt, dass sich die Geldpolitik der EZB bewegt habe und weiter bewegen werde, während das Inflationsziel von 2% unverändert bleibe (Die Inflation in den USA steigt wieder: Aber wer leidet am meisten?). Eine kuriose Nachricht in diesem Zusammenhang ist, dass Lagarde selbst darum gebeten und durchgesetzt hat, dass die Mitglieder des EZB-Rats bei der Wahl von Claudia Buch zur neuen Vorsitzenden des Aufsichtsgremiums von ihren Smartphones getrennt werden, eben um ein Leck zu vermeiden.
Die Märkte reagierten unterdessen nicht besonders positiv auf die Ankündigung einer weiteren Zinserhöhung: Wie Fubini erneut betonte, schwächte sich der Euro an den Märkten entgegen den Erwartungen gegenüber dem Dollar ab, ein Signal, das auf eine gewisse Ablehnung der Märkte gegenüber der zehnten Zinserhöhung in Folge hindeute. Fubini spricht auch von einem Szenario, das durch die so genannte "Stagflation" gekennzeichnet ist, eine Kombination aus wirtschaftlicher Stagnation (in einigen Fällen sogar Rezession) und anhaltender Inflation (die in den letzten Wochen durch den Anstieg der Ölpreise angeheizt wurde).
Siehe auch
EZB erhöht erneut die Zinsen: Was bedeutet das für Immobilien und Banken?
Die Inflation in den USA steigt wieder: Aber wer leidet am meisten?